Warum der Infoladen Cronopios nicht bei Facebook zu finden ist
Uns sind die Vorteile von Facebook sehr wohl bewusst. Schnelle und massenhafte Mobilisierungen sind darüber möglich und in den aufkeimenden Revolten der vergangenen Jahre haben die sogenannten sozialen Medien eine große Rolle gespielt.
Dennoch fällt unsere Entscheidung gegen eine Präsenz bei Facebook aus. Warum das so ist und unsere Kritik nicht nur einen Konzern betrifft, möchten wir hier skizzieren.
Zum einen haben wir kaum mehr Einfluss auf unsere einmal bei Facebook und Google eingegebenen Daten, denn deren Datenschutzrichtlinen werden nach Gutdünken geändert und entziehen sich praktisch noch den wirtschaftsfreundlichen EU-Richtlinien. Deine Daten werden nur gegenüber anderen Nutzer_innen geschützt, Unternehmen und staatliche Stellen haben jedoch wenig Probleme, auf diese zuzugreifen. Dies ist selbstverständlich auch bei vielen anderen (Telekommunikations-)Dienstleistungsunternehmen der Fall.
Wir gehören nicht zu den Menschen, die Augen und Ohren gegen die umfassende Bespitzelung und Überwachung verschließen. Dies geschieht nicht nur durch die Skrupellosigkeit von Polizeibehörden und Geheimdiensten, sondern mittlerweile auch maßgeblich durch unsere Leichtsinnigkeit und Bequemlichkeit. Gerade Facebook, Google & Co pflegen zu diversen Geheimdiensten und Polizeibehörden einen „zuvorkommenden Service“. Spätestens seit Edward Snowden ist es naiv, hier pauschal Paranoia und Verschwörungstheorie zu rufen.
Wir geben bei Facebook die Kontrolle über sensible Details unserer Persönlichkeit und unseres Agierens an Dritte ab und büßen Selbstbestimmung durch eine völlig fremdbestimmte digitale Verwertung unserer Netztaktivität ein. Durch die Monopolisierung von Informationen erhalten Facebook, Google und Co eine historisch noch nie dagewesene gesellschaftliche Gestaltungsmacht. Dabei kommt ihre vollständig netzbasierte und Netz-„erzwingende“ Vision einer technokratischen Gesellschaft ganz ohne direkte menschliche soziale Beziehungen aus. Im Gegenteil, sie ist dazu gemacht, gewachsene soziale Strukturen wie Nachbarschaftshilfe und gewachsene Freundschaften zu ersetzen. Facebook & Co leisten einer Verzerrung der Realität Vorschub. Facebook erkennt Interessen und Nutzungsgewohnheiten und bietet entsprechende Inhalte an. So werden Weltbilder verstärkt und kritische Reflektion minimiert. Es werden Verschwörungstheorien, Ideen von „alternativen Fakten“ und Märchen von der „Lügenpresse“ geschürt.
In einer so auf Selbstmarketing, Effizienz und Beschleunigung getrimmten Gesellschaft meinen Viele, es sich nicht leisten zu können, dort nicht vertreten zu sein. Wir sind aber keine Firma und auch kein konventionelles Vereinsheim, sondern freie Menschen. Wir wollen nicht effizient, beschleunigt, optimiert und profitabel sein. Auch wollen wir keine Lücke im sozialen Netz oder Markt schließen. Was wir wollen, steht in unserem Selbstverständnis und unter „Die Idee“ auf dieser Webseite.
Internetfeindlich oder technikfeindlich sind wir trotzdem nicht. Wer online nach uns sucht, kann uns leicht finden. Unsere Beziehungen knüpfen wir aber in der direkten Interaktion miteinander, durch gemeinsame Erfahrungen, in Begegnungen. Das findet meistens offline statt: im Mainzer Bleichenviertel in der Zanggasse 21. Denn von Angesicht zu Angesicht ist es doch am Persönlichsten. Für uns ist das unerlässlich, wenn wir wirklich so etwas wie Protest oder gar Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse organisieren wollen.
Deshalb verweigern wir uns der digitalen Erfassung, deshalb sind wir nicht bei Facebook zu finden. Wir wollen uns nicht (er)fassen lassen und möchten Gruppen und Einzelpersonen ermutigen, sich diesem System zu entziehen.